Der weiße Riese

 
Ein schicker 87er Buchhalter Automatic...               und das was 2011 noch übrig blieb

Diesen 1987er 300D habe ich im Januar 2009 als Schlachtfahrzeug für meinen Kombi gekauft, dessen Motor so langsam, nach 640.000km, schlappmachte.

Der Wagen war fast ein Ersthänder, hatte ausser Automatic und ASD fast keine Ausstattung, er hatte fast keinen Rost und die Reparatur fast aller beim Kauf festgestellten Mängel hatte fast kein Geld gekostet. Wolle und ich, wir waren die einzigen, die sich diesen Wagen bei -12°C angucken wollten, der Wagen war abgemeldet und unter einer 10cm dicken Schneeschicht verborgen. Die ABS- und Brems-Verschleißanzeige-Lampe glimmte, ansonsten waren alle Birnchen defekt. Leerlaufanhebung und Drehzahlmesser waren kaputt und der Tacho hatte bei 156000 km aufgehört Kilometer zu zählen. Aber der kalte Wagen sprang auf Anhieb an und lies sich in der Einfahrt auch fahren. Also haben wir den Wagen gekauft und angemeldet. Bei der ersten Probefahrt zeigte sich dann, dass weder Teillast-  noch Vollastkickdown funktionierte, aber die Handrückschaltung ohne Zeitverzögerung vollzogen wurde.

                             
                              Schräg von vorne

Zuhause angekommen, reparierten mir Peter und Wolle in der Mittagspause mal eben die Teillastkickdownfunktion, indem die beiden die fehlende Schraube des Kickdownbowdenzuges durch ein Stückchen Papier ersetzten. Die erste Reparatur des Tachos dauert circa 15 Minuten, hielt aber auch nur 200km.

                             
                              Hier von rechts: Auch sehr weiß

Immer noch nicht sicher, ob ich hier einen guten Kauf getätigt hatte, nahm ich den Wagen auf die Bühne, gönnte ihm neue Öle und war doch positiv überrascht ob des pulvertrockenen Getriebes und, sagen wir mal, des nicht tropfenden Motors.

     

Da ich keine Zeit mehr hatte, habe ich zunächst nur die Sicherungen des Überspannungsrelais überprüft, und nachdem ich eine der zwei Sicherungen getauscht hatte, war nicht nur die ABS-Lampe aus und der Drehzahlmesser an, sondern auch der Vollastkickdown funktionierte. 

   

Danach habe ich noch alle defekten Lämpchen repariert und den Auspuff geschweisst, der zwischen den Töpfen mit Hansaplat oder so etwas professionell geflickt worden war. Die Komponenten, die ich für meinen Kombi brauche, mußten aber trotzdem sehr sorgfältig repariert werden. Frische Öle hat der Wagen bekommen und fährt von Tag zu Tag besser. Als nächstes musste der Tacho gefixt werden, denn mein Kombitacho hat erstens eine andere Übersetzung und zweitens keine ASD Lampe. Die Gesamtübersetzung beider Fahrzeuge ist zwar nahezu gleich, jedoch hat der 5Gang Schalter einen langen 5. Gang (i=0,82 oder so) und der Automatic natürlich einen direkten 4. Gang (i=1,0). Dadurch ist die Hinterachse des Schalters dementsprechend kürzer als die des Automatics.

Tachoreparatur
Alle mechanischen Tachos fallen irgendwann durch nicht mehr zählende Kilometerzähler aus. Das kommt dadurch zustande, dass die Tachowelle über ein Schneckengetriebe eine Stahlwelle antreibt, die auf ein Alu-Druckgußrad gepresst worden ist. Diese Pressverbindung hält auch mindestens 15 Jahre, dann jedoch rutscht sie durch. Für die Zerlegung ist es sinnvoll den Zeiger und das Ziffernblatt des Tachos zu entfernen. Der Zeiger wird einfach abgezogen (Blechstreifen einsägen und dann 90° umbiegen, unter den Zeigen schieben und ab).


Danach wird die Welle von der Seite ausgetrieben. Mann kann einen 2mm Schweißdraht von der anderen Seite einschieben, um zu verhindern, dass die Kilometerscheiben sich verschieben, wenn ich schon mal dabei bin, dann will ich aber auch genau diese Scheiben sauberwischen, damit die "Einer- und Zehnerstelle" wieder weiss und nicht mehr grau ist.
Die Stelle, an der die Welle auf dem Alurad sitzt wird durch eine leichte Verstemmung etwas aufgeweitet (einmal vorsichtig mit dem Seitenschneider "markieren"), danach wird die Welle wieder eingetrieben. Anschließend sollte der Tacho wieder einwandfrei funktionieren.

Anschließend bin ich dem ASD zu Leibe gerückt.

ASD Reparatur
Das Mercedes ASD hat bereits einen Fehlerspeicher, der ohne Hilfsmittel auszulesen ist:
Im Motorraum befindet sich auf der rechten Seite (Beifahrer) bei den Duoventielen für die Heizung eine Diagnosedose. Nachdem der Deckel dieser Dose abgenommen wurde, erscheinen durchnumerierte Kontakte. Das Auslesen des ASD Steuergerätes übernimmt Kontakt 5. Zum Auslesen einfach ein etwa 2m langes Kabel in den Kontakt 5 stecken und das andere Ende bei laufendem Motor an das Zündschloss halten (Masse geben). Die ASD Lampe geht aus und dann wieder an und redet per Blinkcodes mit Dir, also Blinken mitzählen:
1 normal
2 Steuergerät kaputt
3 Bremslichtschalter kaputt
4 Drehzahl VL fehlt
5 Drehzahl VR fehlt
6 Drehzahl Hinterachse fehlt
7 alle Drehzahlen fehlen
8 Magnetventil oder Bremslichtschalter kaputt.
Wenn man das Kabel ca. 15 sek an Masse hält ist der Fehlerspeicher gelöscht und das Lämpchen bleibt aus.

Beim weißen Riesen ist das Magnetventil kaputt, das Steuergerät hat 8x geblinkt.
Aber geschlachtet wird er trotzdem!

Alex Troska im Februar 2009

Der weisse muss dran glauben
Wie bereits auf der "Der Kombi"-Seite erwähnt, wurde der sehr gute 300er Dieselmotor des weissen Riesen für den roten Riesen gebraucht und im Sommer 2009 fachmännisch explantiert. Zeitnah hatte ich dann auch einen Großteil der Elektrik entfernt um zu verhindern, dass ich den weissen am Ende doch noch mit dem müden 300er Motor aus dem roten verheirate.

Dann stand er bis zum Sommer 2011 in meiner Halle und regelmäßig wurden irgendwelche Teile ausgebaut. Mal abgesehen, dass ständig irgendjemand irgendein Teil gebrauchen konnte, verlangte auch der rote Kombi öfter nach dem einen oder anderen Ersatzteil aus dem weissen. Ein Stück Spritleitung, ein Unterdruckelement oder auch die komplette Vorderachse wanderten aus dem weissen in den roten Benz. Die Türdichtungen tauschte ich noch und lange stand der weisse dann ohne Vorderräder auf einem Rollbrett, so dass er noch schiebbar war.

Schliesslich schlachteten Wolle und ich den Wagen dann aber in zwei Abenden fertig, weil schon der nächste W124 auf den Parkplatz wartete. Der Lüfterkasten sollte noch raus und die gesamte Hinterachse auf jeden Fall auch noch. Ach ja, Harry brauchte noch die Limousinenteile, also hintere Türen, und die Stoßstangen. Als die Hinterachse raus war, war aber auch klar, jetzt muss die Karre weg. Wir entschieden uns, wie es Christian bereits mit diversten Audis vorgemacht hatte, auf die Variante mit meinen 2t-Schüttguthänger.

  
Der weisse Riese auf dem Hänger                 und der rote Kombi davor

Wie auf den Fotos zu erkennen: Autos werden von mir so geschlachtet, wie Kotelets gegessen werden - übrig bleibt nur der Knochen ohne Haut. Ach ja: Rost habe ich bis zum Schluss kaum gesehen.

  
Kaputt gemacht!                                            Abschiedsfoto

Fazit: Im Vergleich zu den 124er, die ich in diesem Jahr gekauft habe, war der weisse Riese relativ teuer, jedoch ist mir aufgefallen, dass ich für meinen roten Benz ausser Verschleissteilen und Betriebsstoffen seit 2009 gar keine Ersatzteile mehr gekauft hatte, weil ich alles aus dem weissen nehmen konnte. Also, auch wenn ich den Motor, das Getriebe, die Wellen und das Differential aus diesem Autos nicht gebraucht hätte, wäre es ein Businesscase gewesen die Karre zu kaufen und zu schlachten.

at 04.Oktober 2011

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